Nach und nach trudeln alle Teilnehmer der Spanisch-Schule ein. Paola, unsere Gastgeberin und Lehrerin, kocht uns etwas zum Abendbrot. Mit zwei Franzosen, zwei Kanadiern, drei Amerikanern und einem Kolumbianer soll ich also die nächste Woche verbringen. Der Kolumbianer war natürlich nicht da, um Spanisch zu lernen. Er ist ein Volontär, genauso wie eine der Amerikanerinnen unsere Yogalehrerin war. Der Tagesablauf war einfach: 6:00 Uhr aufstehen, 6:30 Uhr Yoga, 8:00 Uhr Frühstück, 8:45 Unterricht, dann gab es irgendwann Mittagessen und jede Menge Zeit für Hausaufgaben. Ich muss gestehen, am ersten Tag war ich noch ganz eifrig, aber wie schon zu Hause, sind Hausaufgaben einfach nicht mein Ding. Grins. Es gab trotzdem was zum Abendbrot essen. Während uns Frühstück und Mittag serviert wurde, mussten wir das Abendbrot selbst zubereiten, dazu wurden jeweils zwei Leute eingeteilt.
Abwaschen stand allerdings jedesmal auf dem Plan. Lecker mit kaltem, fließenden Wasser die fettigen Pfannen aufzuwaschen – man könnte meinen wie hinter Gittern.
Unser ECO-Hostel war eigentlich ein Permahof. Alles was gegessen wurde, wurde auch selbst angebaut. Permahof ist eigentlich eine Philosophie, das heißt alles funktioniert in einem Kreislauf ohne zusätzliche chemische Hilfsmittel und ohne z.B. das Wasser zu verschmutzen. Paola lag es sehr am Herzen, uns eine Unterrichtsstunde zu dem Thema zu geben.
Außerdem gab es hier ein allgemeines Handy-, Fleisch-, Alkohol- und Trumpsprech-Verbot.
Ob ich Spanisch gelernt habe?
Ja, also wenn ich mir die spanische Grammatik, die auf Englisch erklärt wurde, ins Deutsche übersetzt habe und dann feststellte, dass es im Deutschen ähnlich ist nur im Englischen anderes oder bei uns anders und im Englischen gleich, dann ist es so verwirrend wie dieser Satz …also gar nicht so einfach gewesen.
Aber um die Frage zu beantworten – ja, es ist etwas hängen geblieben. Allerdings habe ich vielmehr mein Englisch aufgefrischt.
Guatapés Hunde und ein Kätzchen
Hunde sind mir am liebsten von der anderen Straßenseite, aber hier in Guatapé ist es anders. Die zwei Hunde, die bei Paola leben, sind überhaupt nicht aufdringlich, dafür aber sehr hilfreich. Bei verschiedenen Wanderungen zeigten sie uns den Weg, verscheuchten die Kühe und Pferde und gaben uns ein Gefühl von Sicherheit. Ich habe in ganz Guatapé keinen einzigen angeleinten Hund und fand das ausnahmsweise gar nicht schlimm. Manchmal folgten uns auch Hunde aus der Stadt, blieben ein paar Tage auf der Farm und gingen dann irgendwann wieder mit weg. Keine Aggression. Nur ein dicker fetter Hund sammelte bei uns keine Pluspunkte. Er hatte mit Vorliebe unsere kleine Miezekatze, die drei Monate alte Coco, gejagt. Das kalte Wasser, welches Paola ihm über den Kopf schüttete, ließ ihn völlig kalt. Alles in allem ist es hier kein schlechtes Hundeleben.
Wandern – war ich natürlich auch
Die bekannteste Tour führt zu einem Wasserfall. Man könne es nicht verfehlen, hieß es. Kann man wohl, wie sich herausstellte. Wenn man dem falschen Flusslauf folgt, sich durch, unter und an Spinnennestern vorbei schleicht, mehr im Fluss entlang wandert als auf irgendwelchen Pfaden und nicht stutzig wird, dass es der falsche Weg sein muss. Auf dem Rückweg zeigten uns dann Alma und Toni (zwei Hunde), wo es eigentlich lang ging. Und es hat sich gelohnt, nasse Schuhe inklusive.
Allerdings fand ich die Tour in die Berge spektakulärer. Vielleicht weil es auf noch schmaleren Pfaden bergauf ging oder weil in Gipfelnähe ständig Wolken sind und somit eine Luftfeuchtigkeit herrschte, wie man sie sich eben im Dschungel vorstellt. Genauso war auch die Vegetation. Wir krochen gebückt unter Wurzeln hindurch, um in der nächsten Kurve wieder im Blätterwald zu verschwinden. Dieser Pfad wurde im 18. Jahrhundert bereits vom Militär genutzt und später von der Guerilla. Ich fühlte mich ein bisschen wie im Film. Da der eigentliche Rückweg zugewachsen war, folgten wir einem anderen Weg, der auf dem Kamm der Berge entlang führte. Bis plötzlich aus dem Nebel ein Soldat auftauchte. Was wir hier wollen? Ja eigentlich raus aus dem Dschungel, zurück ins Quartier. Okay, aber keine Fotos machen. Wir waren an der Militärstation angekommen, die wir von unserer Farm in lichten Momenten erspähen konnten. Wir durften das Gelände passieren und mussten uns nun aber sputen – in einer dreiviertel Stunde wird das Licht ausgeknipst und wir mussten noch einen steilen matschigen Bergpfad hinab.
Guatapé mit dem El Peñon
Guatapé ist ein beliebtes Ausflugsziel für viele Leute aus Medellin. Am Wochenende ist es dementsprechend überlaufen. Aber das kleine Örtchen lohnt sich dennoch. Es gibt viele bunte Häuser, die Sockel sind alle unterschiedlich gestaltet je nach Handwerk oder Vorlieben der Eigentümer. Außerdem gibt es dort die leckersten Zimtrollen überhaupt!
Unweit der Stadt erhebt sich der El Peñon de Guatapé. Mit über 700 Stufen ist er für jeden mit entsprechender Kondition zu bezwingen. Von oben hat man einen wunderbaren Blick auf den Stausee und die Stadt.
Komische Situation
Zu guter Letzt möchte ich noch von unserem Bootsausflug berichten. Auf dem Stausee, der hauptsächlich zur Energiegewinnung erbaut wurde, kann man mit einem Boot zu einer Museumsinsel fahren. Dort wird über die versenkten Dörfer berichtet. Unterwegs kommt man an Inseln mit luxuriösen Villen vorbei, die u.a. James Rodriguez und anderen VIPs gehören. Man sieht auch die Ruinen des Anwesens vom ehemaligen Drogenbaron Pablo Escobar, welches von seinen Konkurrenten bombardiert und somit zerstört wurde. Einheimische haben hier kein Verständnis für die Glorifizierung des Verbrechers, der tausende Menschen durch Auftragsmörder auf dem Gewissen hat. Wir waren mit unserer gesamten Spanisch-Lerngruppe unterwegs. Als wir auf die Insel kamen, waren wir allein und gingen schon hinein. Etwas später kam auch ein Guide, der begann, über die Dörfer zu berichten. Kurz darauf kam ein älterer Mann zu uns und winkte unseren Übersetzer zu sich. Mit entgeistertem Gesicht kam er zurück. Was ist los? Wir wurden beschuldigt umgerechnet über 100 US $ aus einem Raum gestohlen zu haben. Ja, wie soll man das Gegenteil beweisen? Ich dachte zunächst, es sei eine Masche. Wenn jeder von uns 10 US $ dazu gäbe, kämen die auch auf ihr Geld. Aber die Situation war ziemlich ernst. Ich sollte meine Tasche zeigen, weil ich auch zuerst die Räumlichkeiten betreten hatte. Dummerweise hatte ich so viel Geld einstecken, aber wie will man beweisen, dass das mein und nicht deren Geld ist. Dass die Zeit gar nicht ausreichte, um in ein Zimmer zu gehen und das Geld wegzunehmen, schien dort niemanden zu interessieren. Was passiert jetzt? Wir hatten keine Ambitionen mehr die Museumstour fortzusetzen und wollten auf das Boot zurück. Es dauerte noch gefühlte Ewigkeiten und zig Anrufe bis unser Bootsführer und unser Übersetzer zurückkamen, bedröppelt mit den Schultern zuckten und uns wieder sicher an Land brachten.