Eigentlich wollte ich um die Stadt einen großen Bogen machen, weil Millionenstädte nicht so mein Ding sind. Doch zu Silvester kann man sich das Spektakel ja mal antun. Wir kommen direkt aus dem Dschungel zurück. Eine Straßensperre an der anderen. Nicht die Polizei oder das Militär stoppt uns, sondern als Frauen verkleidete Männer mit lauter Musik und abstrusen Tänzen. Sie lassen uns erst gegen eine Spende weiterfahren. Als dann unser letztes Kleingeld aufgebraucht ist, erreichen wir schließlich unser Quartier. Die Männer symbolisieren die Witwen der “munecas” (Hampelmann). Munecas gibt es überall zu kaufen oder werden gemeinsam gebastelt und am Silvesterabend verbrannt. Es sind Puppen aus Pappmaché in Form von Trickfilmfiguren, Schauspielern oder Politikern. Manchmal werden Zettel von schlechten Ereignissen und Personen hineingesteckt. Um Mitternacht brennen sie dann lichterloh, um damit die bösen Geister aus dem vergangenen Jahr zu vertreiben.
Wer das Bild verwackelt sieht, sieht die bösen Geister 👻.
Ziemlich spontan entscheiden wir uns dazu, die Parade anzusehen. Wir wälzen uns mit allen Einwohnern Quitos und nochmal so vielen Touris die Avenida Amazonas entlang, an der verschiedene übergroße Figurenwagen aufgebaut wurden, so wie man es von unseren Faschingsumzügen kennt. Noch amüsanter sind die vielen aufwendig kostümierten Leute mit Gruselmasken a la Halloween. Gegen acht Uhr werden die Bühnen abgebaut und die Veranstaltung ist schon zu Ende. Die meisten kehren nach Hause zurück, um im Kreise der Familie Silvester zu feiern. Uns beide zwingt eine Magenverstimmung ins Bett, so dass wir das Feuerwerk nur beim Gang zwischen Bett und Toilette mit einem Blick aus dem Fenster erhaschen können.
Da wir nun einen ganzen Tag flach liegen, entscheiden wir uns, noch ein bisschen länger zu bleiben.
Bei einer Free-City-Tour ergänzen wir unser Reiseführerwissen, an dem ich euch gerne teilhaben lassen will:
Das ungewollte Metro-Projekt
Der Verkehr ist wie in jeder Großstadt die Hölle, deshalb beschlossen die Stadtväter eine U-Bahn zu bauen. Quito liegt eingerahmt von vier großen, zum Teil aktiven Vulkanen und in einer Zone erhöhter Erdbebenaktivität. Wie man sich vorstellen kann, verschlingt das Projekt Millionen von Dollar. Und genau aus diesen Gründen lehnen die Quitoer die Metro ab. Stuttgart21 gibt es also auch in anderen Ländern.
Keine Schattenseite
Dass Quito direkt an der Äquadorlinie liegt, ist bekannt. Schließlich verdankt das Land der Lage seinen Namen. Aber wusstest du, dass jeweils am 21. März und 21. September die Sonne absolut senkrecht steht, so dass sie für 3 min keinerlei Schatten wirft?
Fluch und Segen des US Dollars als einheimische Währung
Seit September 2000 hat Ecuador keine eigene Währung mehr. Nach einer Finanz- und Wirtschaftskrise beschloss die Regierung den US Dollar als offizielles Zahlungsmittel einzuführen. Manch einer verlor durch die vorherige Inflation und dann durch den Dollar-Umtausch seine ganzen Ersparnisse. Andererseits ist durch die Dollar-Währung das Land für Investoren interessant geworden. Daher gibt es kontroverse Meinungen dazu. Es gibt immer Verlierer und Gewinner einer Währungsreform, ich sage nur Ostmark – Deutsche Mark – Euro…
Die Nationalbank (Foto 1927) ist heute ein Museum.
Gefährlicher Job: “El Presidente”
Seit Gründung der Andenrepublik 1830 ist nichts so beständig wie Neuwahlen und Staatsstreiche. Verbannung und Morde sind für die Bürger die gängisten Methoden sich eines Präsidenten in Ecuador zu entledigen. Über 90 Menschen durften sich bereits Präsident Ecuadors nennen, es war sogar auch eine Frau dabei (allerdings nur ein paar Tage)…
Und hier noch ein paar Eindrücke von Quito: