Heute ist Dorffest. Ich staune nicht schlecht, als ich im Dschungel ein riesiges Fußballfeld und Jungs mit professioneller Fußballbekleidung sehe. Wir dürfen sogar mitspielen. Unsere Touri-Gruppe stellt zwei barfüssige Bayern und ergänzt die Mannschaft unseres Guides. Wobei, eigentlich sind es nur anderthalb barfüssige Bayern, denn Flori ist ein bisschen am Fuß gehandicapt (#Dschungelverletzung). Zur Stärkung gibt es davor, danach und zwischendrin ein Gebräu namens Chicha aus vergorener Yuccawurzel. Uähh – widerliches Zeug. Damit Alkohol entsteht, wird ein Teil der Pflanze von Frauen gekaut und unter die Breimasse gemischt, bevor es dann ein ganzen Tag vor sich hin gärt. Man sagt auch Spuckebier dazu.
In der Zwischenzeit versammeln sich alle Kinder, um an einem ordentlich eingeölten Stamm hochzuklettern. Die Motivation? Ganz oben hängen Fußbälle, Süßkram und andere Spielsachen.
Die Sonne ballert, der Schweiß spritzt aus allen Poren und wir verlieren das Spiel. Baden im Dschungelfluss, warum nicht? Kaimane, Piranhas – ach egal … Es lauert etwas viel Gefährlicheres in der trüben Brühe!
Andreas stürzt sich mit einem Kopfsprung ins Wasser. Als er wieder auftaucht, sieht er mich blutüberströmt an. Ich zerre das Notfallset aus dem Rucksack. Wundspray und Druckverband helfen erstmal auf der Stirn. Für die Nase muss ein Pflaster reichen. Wenige Minuten später holen Kinder ein Nagelbrett aus dem Flußbett.
Für das mitgebrachte Mittagessen zieht sich unsere kleine Gruppe in einen etwas abgelegenen Unterstand zurück. Flavio zeigt auf eine Spinne: “Die ist gerade über meine Hose gekrabbelt.” Plötzlich wird unser Guide ernst und spießt sie auf. “Ihr Biss ist tödlich, nach zwölf Stunden qualvoller Schmerzen” und “Nein, es existiert kein Gegenmittel”, sagt er. Uff, gerade nochmal gutgegangen.
Wir machen noch mal kurz Halt in unserer Lodge, um Andreas‘ klaffende Verletzungen besser zu versorgen. Kein Pflaster, keine Binde, keine Nadel und Faden, sondern ein Ei soll helfen. Wie jetzt?!? Unser Guide, der Bootsfahrer und der Koch positionieren sich um den Stuhl, auf dem Andreas sitzt. Er schließt die Augen und lässt gewähren. Ich drängele mich mit meiner antiseptischen Salbe dazwischen, schmiere etwas auf die Wunden. Die Männer zerschlagen das Ei und ziehen die feine Haut zwischen Eiweiß und Schale ab. Vorsichtig kleben sie diese wie ein Pflaster auf die aufgeschlatzten Stellen. 24 Stunden darf kein Wasser dran. Es funktioniert.
Dann kann es ja weitergehen. Amazonasdelphine schwimmen neben unserem Boot. Eigentlich sind sie Einzelgänger, aber wir haben das Glück, eine Mama mit ihren zwei Babies zu sehen. Wenig später machen wir die Bekanntschaft mit einer rosa Schlange, die im Baum abhängt und theoretisch in unser Schiffchen fallen könnte.
Wir schippern stromaufwärts zu einer riesigen Lagune, die in der Trockenzeit völlig austrocknet. Gewaltige Bäume stehen in den weitverzweigten überfluteten Seen, die mit Flüsschen verbunden sind. Das Wasser ist nicht sehr tief und deshalb ziemlich warm. Wären da nicht die Zitteraale (die einem bis zu 600 Volt verpassen können) und die Alligatoren, könnte man fast baden gehen. Wir sind uns einig. Keine Experimente heute mehr.
Unser Guide Francisco fängt einen Fisch mit der Machete. Dann gehen wir an Land und stapfen zu einem Teich. Aha, der Fisch ist Futter zum Angeln. Und das geht im Minutentakt: Bindfaden rein, Fisch raus. Piranhas und “Vielgräten”-Fische werden wieder ins Wasser geworfen. Das Abendessen ist gesichert.
Es geht mit dem Kahn und den 10 aufgespießten Fischen weiter. Wenig später springt Francisco aus heiterem Himmel an Land. Eine Schildkröte, die gerade ihre Eier auf einer Sandbank ablegt, ist der Grund. “In ein paar Tagen ist diese Stelle hier geflutet und die kleinen Schildkröten-Babys haben keine Chance.” meint er. Wir sammeln die Eier ein, die später hoffentlich wie versprochen in der Aufzuchtstation und nicht im Kochtopf landen.
Der Sonnenuntergang über dem Amazonas-Urwald und der Lagune ist spektakulär. Langsam müssen wir aufbrechen. Zwei Stunden fahren wir in pechschwarzer Nacht zurück. Mir ist es ein Rätsel, wie man ein Motorboot ohne irgendwelches Licht durch einen schmalen Fluß mit allerlei Hindernissen manövrieren kann. Hut ab.
Hallo Yvonne,
komme gerade zurück aus Ecuador! Habe deinen faszinierenden Bericht vom Dschungeltrip gelesen. Das Amazonasgebiet konnten wir aus Zeitgründen nicht besuchen. Aber wenn ich das von der todbringenden Spinne lese… Zum Glück waren wir nicht da!!!!
Euch weiterhin viele tolle Erlebnisse. Passt auf euch auf!
Liebe Grüße, Petra
Schön von dir zu hören. Ich hätte nicht schlecht geguckt, wenn wir euch in Ecuador getroffen hätten😊. Aber das können wir in Deutschland ja mal nach holen. Liebe Grüße Yvonne und Andreas