Suchitoto

Halb fünf. So früh klingelt sonst nie der Wecker. Meine Augenlider weigern sich beharrlich, sich einen Lichtspalt zu öffnen. Also tappe ich blind ins Bad, die Zahnbürste sucht sich den Mund. Die Gebrauchsanweisung von T-Shirt und Hose funktioniert auch wie im Schlaf. Und ich bin froh, dass der Tagesrucksack gepackt auf dem Stuhl steht. Eine Viertelstunde später stehen wir zwei zum Abholen bereit. Zwischen Gähnen und Augen reiben schlürfe ich meinen Tee und zwinge meine Lebensgeister zum wach werden.

Auffffgewacht!

Bevor es losgeht verspricht unser belgischer Gastgeber René, sich für uns um ein anderes Quartier zu kümmern. In diesem hier konnten wir vor Ostern nur eine Übernachtung buchen. Die ganze Stadt ist ausgebucht, doch dazu später mehr.
Wir sitzen im Geländewagen. Voll beladen mit Kajaks, sechs weiteren Touris und einem Guide kutschieren wir zum Lago Suchitalan. Und dann bin ich plötzlich wach: Eine feuerrote Kugel kämpft mit dem blauen Nebeldunst des Wassers und gewinnt. Phänomenal. Dieses Spektakel scheint man hier nicht so oft sehen zu können, denn unsere beiden Einheimischen sind absolut begeistert.

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Unsere heutige Mission: Bird-Watching. Im Handumdrehen sind die Kajaks bereit und wir gleiten in den von der Morgensonne geküssten See. Dies hier ist ein praktisches Beispiel, wie man Farmland in einen See verwandelt. So geschehen 1973 durch Anstauen des größten Flusses El Salvadors – des Rio Lempa. Inzwischen planschen, brüten und jagen hier 30 verschiedene Vogelarten. Im Winter teilen sie sich ihr Paradies mit weiteren 60 Arten aus dem Norden Amerikas.

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Flüsternd reichen wir uns das Fernglas weiter, beobachten die Vögel und lauschen den Geschichten unseres Guides. Und nun gebt fein acht, eine habe ich euch mitgebracht…

Ein Fischer, der sich am Morgen versonnen auf seinen Fang konzentrierte, traute seinen Augen kaum, als plötzlich ein US-Flieger in den See stürzte. Geistesgegenwärtig fuhr er zur Unglücksstelle und rettete die Besatzung. Wie man sich denken kann (ist ja auch im Film so), wird dieser Fischer zum Helden der United States of America. Ihm zu Ehren wurde sogar ein Fest gegeben. „Was können wir für dich tun?“, wollten die US-Amerikaner wissen. Bescheiden weist der Mann zurück: „Nichts. Jeder hätte doch so gehandelt.“ Doch die Amis ließen nicht locker. Ein paar Bier und Schnäpse später meinte der Fischer im Spaß: „Dann gebt mir doch das Flugzeugwrack.“ Und so scheute das US-Militär keine Mühen, um den Flieger zu bergen und ihm vor die Haustüre zu stellen. Dort thront er nun bis heute und hat sich als kleine Einnahmequelle etabliert.

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Et Voila … Hier seht ihr das Flugzeugwrack (und den Besitzer in der Hängematte liegend).

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Zurück an Land geht es mit einem Zwischenstop im Heiße-Quelle-Tümpel nach Suchitoto zum Frühstück.

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Schwitzt du noch oder klebst du schon?

Wir müssen heute noch umziehen. René hat eine Unterkunft für uns klar gemacht. Während unser Auto in der wunderschönen Herberge bleiben darf, beziehen wir diefdie Schwitzkammer ein paar Straßen weiter. So muss sich ein Brathähnchen im Backofen mit Umluft fühlen. Die drei Ventilatoren und eine offene Zimmertür ändern nichts am Schmoren im eigenen Saft bei Nacht. Endlich kräht der Hahn und ich springe unter die Dusche. Kein Strom?! Okay. Wer auch immer erfunden hat im Handy eine Taschenlampe zu integrieren, ich danke ihm. Aber jetzt unter die Dusche. Wieder nur so ein Rinnsal, diese Duschen hier sind wirklich sehr Wasser sparend. Ich seife mich ein und das Wasser versiegt. Auch am Waschbecken kein Tropfen. „Aaaaandreeeeaaaas!“, brülle ich aus dem Bad über den Gang in das stickige Zimmer und hoffe, meine Stimme durchschneidet die stehende Luft. Ich werde erhört und alle anderen Gäste sind wahrscheinlich nun auch wach. Notdürftig spüle ich mit dem gereichten kostbaren Trinkwasser den Schaum ab, den Rest erledigt das Schwitzwasser.

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Mein blaues Wunder

Ich habe heute noch einen Termin. In einer kleinen Manufaktur stellt Ingrid  auf traditionelle Art und Weise Indigo her. Dieser Prozess ist sehr aufwändig und benötigt Zeit. Sie hat eine kleine Boutique, in der sie Sachen verkauft und Färbe-Workshops anbietet. Wo wir genau herkommen aus Deutschland, fragt Ingrid. Und wie immer erkläre ich, so etwa 250 km südlich von Berlin, da ist ein Nationalpark … „Ah, Sächsische Schweiz, Bastei – ja, das kenne ich.“ Ich sperre ungläubig meine Augen auf und sie erzählt mir, dass sie eine Freundin dort besucht habe.
Und ich freue mich wie ein kleiner König, als ich eine große Büchse Bautzner Senf (leider leer) auf ihrem Tisch entdecke. Ingrid spricht sogar etwas Deutsch. Die zwei Stunden vergehen wie im Fluge und alsbald habe ich ein Stückchen indigofarbenen Stoff mehr im Gepäck.

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Wir beschließen heute noch abzureisen. Es ist einfach viel zu heiß. Mit viel Glück finde ich in einem kleinen Bergdorf ein ganz neues Hotel. Fortsetzung folgt.

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