Wie immer buche ich alles separat: Flug, Quartier und Mietwagen. Das ist zwar riskanter, aber eine größere Auswahl und das Gefühl, einen günstigen Urlaub zu machen, sprechen dafür! Auf der wunderbaren Blumeninsel Madeira angekommen, wollten wir unser kleines Mietauto abholen. Doch der junge Mann am Schalter empfahl eindringlich, eine bessere Fahrzeugklasse mit mehr PS und Diesel umzubuchen. Was ich nur sehr widerwillig einsah. Nun denn, diesmal war ich froh, dass wir uns bequatschen ließen, denn Madeira hat steile Straßen – wirklich steil. Also so steil, dass man als Fahrer nur noch Himmel sieht und keinen Asphalt! Bei den Schleichwegen, die uns das Navi entlang führte, überlegten wir kurz, ob drei von uns lieber draußen anschieben sollten. Aber alle bevorzugten das Schneckentempo.
Am Dorfplatz trafen wir unsere Ferienhausvermieterin, die uns dann zu unserem Domizil brachte. Wow – wir sind die ersten Mieter. Das wollte ich schon immer einmal sein.
Das Tageslicht noch ausnutzend, fuhren wir zu einem Aussichtspunkt mit Meeresblick. Weiter oben begutachteten wir sogenannte Levadas.
Levadas: Wie Lebensadern durchziehen sie die Insel. Durch Tunnel und über Brücken fließen die künstlichen Wasserläufe mit geringem Gefälle vom regenreichen Norden in den trocknen Süden. Bereits kurz nach der Besiedlung Madeiras wurden im 15. Jahrhundert die ersten Levadas von Sklaven angelegt. Inzwischen soll es 5.000 km geben und man kann fast überall entlangwandern.
Schon deshalb ist Madeira eine wunderbare Insel zum Wandern. Aber es gibt natürlich auch Touren, bei denen man ein paar Höhenmeter überwinden muss. Einer dieser Wege führte uns auf den Pico Ruivo do Paul. An einer Levada vorbei, durch einen verwunschenen Märchenwald und über einen steinigen Bergpfad erreichten wir den Himmel auf Erden.
Nicht, dass die zwei stündige Wandertour uns völlig erschöpft hätte, aber am Folgetag beschlossen alle einstimmig, eine Autorundtour zu machen.
Neben der wunderbaren Landschaft tauchten wir auch in das Innere der Berge ein. Die Grutas de Sao Vicente sind ehemalige Vulkanröhren, durch die man durchlaufen oder kriechen darf. Weil überall Wasser entlang fließt oder spritzt, wird Regenbekleidung empfohlen. Aber eine wasserabweisende Jacke tut es auch. Auf jeden Fall aber lange Hosen für Frostbeulen wie mich. Zum Besseren geologischen Verständnis wird man nach dem Höhlenrundgang noch in das Informationszentrum geschoben.
Die Küste Madeiras ist rau und steil. Wir fanden an der weniger touristisch erschlossenen Nordküste allerdings auch natürliche Badebassins. Steile Straße runter, Badesachen an und Sprung ins kalte Wasser – dann ging es auf den kurvigen Straßen weiter.
Inzwischen führen sehr viele Straßen durch Tunnel, die in manchen Reiseführern noch als spektakulär (weil einsturzgefährdet) beschriebenen Straßenverbindungen sind zu unserem Bedauern inzwischen gesperrt. Ein weiterer Kurz-mal-angucken-Stopp führte uns zu spektakulären Felsen, die aus dem Wasser ragen. Der Punkt nannte sich Illheus da Ribeira da Janela.
In Porto Moniz suchten wir einen Fleischer. Wir wollten uns bei Sonnenuntergang an einen der Grillplätzchen ein Würstchen zum Abendessen brutzeln. Doch in diesem Örtchen brutzelte es an jeder Ecke, hier fand gerade das Festival „Semana de Mar“ statt – Glück für uns. Wir wählten vom hängenden Kadaver ein Stück Fleisch aus. Das wurde in Scheiben geschnitten, aufgespießt und gegrillt. Dann sahen wir, dass das Loch der Plastiktische nicht nur für Sonnenschirme gedacht ist. Nein, man konnte dort prima die riesigen Fleischspieße reinstecken. Servietten und Brot dazu. Das scharfe Messer borgten wir uns vom Nebentisch und so hatten wir unser Abendessen. Wenn auch nicht bei Sonnenuntergang. Doch diesen holten wir etwas später am Meer nach. Währenddessen öffneten die ersten Cocktailbuden und es strömten Menschenmassen auf den Festplatz. Nach der Menge zu urteilen, erfreute sich die Sinti-Band Chico & The Gypsies großer Beliebtheit. Pro Cocktail 1 EUR, egal was und wo… na das kann lustig werden!
War es dann auch, EINE musste allerdings fahren. So kurz nach Mitternacht ging es mit anderthalb Stunden Fahrt zurück ins Quartier.
Am nächsten Tag ging es zum Wandern an den berühmten 25 Fontes (Quellen) bei Rabacal. Da wir oben auf der Hochebene starteten, ging es zunächst bergab. Leider die ersten Kilometer auf einer unangenehmen Schotterpiste, wenn man nicht den Transferbus nutzen wollte. Das Klima ist selbst im Hochsommer total angenehm auf Madeira. Wir schlenderten mit vielen anderen Wanderern an den besagten Lavadas bis zu den Quellen, die sich als Wasserfälle in ein Becken ergossen.
Picknickzeit! Das dachten sich auch ein paar neugierige Vögelchen, die uns geradezu aus der Hand fraßen.
Dann ging es weiter und es stellte sich die Frage, den gleichen Weg zurück oder in die abenteuerlich dunkle Höhle entlang der unterirdischen Levada weiterzuwandern. Ich würde es hier nicht erwähnen, wenn wir uns nicht für den kilometerlangen (!) Tunnel entschieden hätten. Man steuert die ganze Zeit auf das weiße helle Pünktlein am Ausgang zu, aber irgendwie tappt man ohne Taschenlampe total im Dunkeln. Es fühlt sich an, als wenn Gollum hinter einem herschleicht. Oder war das Andreas? Geblendet vom Abendlicht blieb uns nur wenig Zeit den Ausblick zu genießen. Denn wir mussten den ganzen Weg bergauf zurück und auf einer Straße entlang. Was am Ende des Tages sehr ermüdend sein konnte.
Auch der Hauptstadt Funchal statteten wir einen Besuch ab. Zunächst schauten wir uns den Orchideen-Garten in der Oberstadt an und fuhren dann in den Ortsteil Monte. Vom Turm der Wallfahrtskirche hat man einen schönen Blick über die Stadt. Auf das berühmte Korbschlittenfahren haben wir allerdings verzichtet. 100 EUR für uns vier Personen war uns einfach zu teuer. Funchal ist ein hübsches altes Städtchen mit Herrenhäusern und Kirchen, aber vor allem die Madeira-Weinverkostung begeisterte uns! Madeira (Wein) ist ein mit Branntwein angereicherten Wein mit 17 bzw. 22 %Vol. und ziemlich lecker.
Am Folgetag ging es an die östlichste Spitze Madeiras: Ponta de Sao Lourenco. Zumindest soweit man mit dem Auto fahren kann und noch ein paar Schritte zu Fuß. Man könnte auch noch weiter…doch uns war es uns zu kalt und zu windig und zu viele Leute.
Außerdem hatten wir ein anderes Wanderziel ins Auge gefasst. Doch das mussten wir erst mal finden. Aber sich zu verfahren hatte in diesem Fall etwas Gutes, wir kamen ein wunderbares Tal, in das sich wohl kaum mal ein Tourist verirrt. Klasse. Der Nachteil: Erst gegen um fünf Uhr nachmittags kamen wir am Wanderausgangpunkt an. Die meisten fuhren bereits nach Hause. Na und? Dann haben wir die ganze Landschaft, Tunnel, Levadas und Wasserfälle ganz für uns allein. Wir sind fast geneigt, das genauso auch anderen zu empfehlen.
Am letzten Tag trennten wir uns und brachten Andreas und Hannes zu einem Wanderausgangspunkt, um sie dann an der Küste wieder abzuholen. Vor allem die lange Tunnelwanderung reizte unsere beiden Herren. Wir Mädels fuhren in der Zwischenzeit an die Küste. Mit einer Gondel ging es in die Tiefe. Wer kann sie auf dem Foto entdecken?
Unten angekommen mussten wir uns ziemlich gegen den Wind stemmen, um vorwärts zukommen. Oben im Gasthaus gab es deshalb erst mal einen warmen Tee, bevor wir zum Auto zurückgingen. Wir öffneten den Kofferraum, um unseren Rucksack loszuwerden. Häää? Das war gar nicht unser Zeugs! Nee und auch nicht unser Auto. Sein Zwilling – also unser Auto stand ein paar Meter weiter. Uuups; schnell wieder zu die Tür und in der Luft rum gucken, als wenn nichts gewesen wäre.
Etwas später trafen wir uns mit Andreas und Hannes wieder und fuhren ein letztes mal über die Hochebene. Mitten in die Wolken.
Fazit:
Madeira lohnt auch für alle die, die bequeme Wandertouren mögen, Blumen lieben und denen nicht gleich schlecht wird, wenn es mal um die Kurve geht. Für einen Badeurlaub gibt es bessere Inseln, hier ist ein bisschen Entdeckergeist gefragt.