Fuerteventura

Es ist Februar, seit Tagen verhängen in Deutschland dicke Wolken die Sonne, nicht mal weißer Schnee erhellt die Gemüter. Um der aufsteigenden Winter-Depression entgegenzuhalten, durchstöbere ich das Internet nach einem günstigen Reiseangebot ins Warme – und ich werde fündig…
Im Handumdrehen ist Urlaub beantragt, Tasche gepackt und wir stehen zu viert in Leipzig auf dem Flughafen. Es geht auf die Kanaren nach Fuerteventura. 20 Grad, blaues Meer, herrliche Landschaft nicht länger nur ein Traum!

Caleta de Fuste

Angekommen, Auto gemietet und Bungalow bezogen. Dann endlich die Stiefel aus und das open Air – Solarium genießen. Unser Quartier in der Ferienanlage Castillo Beach war okay, schließlich wollten wir die Insel erkunden und brauchten hauptsächlich ein Schlafquartier. Wir machten eine Stippvisite nach Caleta de Fuste. Das einzig wirklich Historische des Ferienortes ist eine Befestigung am Hafen von 1740, ansonsten reiht sich eine Ferienanlage an die nächste. Der große Sandstrand mit flachem Wasser ist im Sommer sicher ein Paradies für Familien. Es gab auch Golfplätze, Shoppingoasen und jede Menge Gastronomie – was uns aber nicht weiter interessierte.

Las Salinas – Pozo Negro

Eine Wanderung aus dem Reiseführer stand auf dem Plan. Direkt an der Küste und maximal 2-3 Stunden. Wir wollten unseren zwei 16-jährigen Teenagern nicht gleich am ersten Tag mit Powerwandern den Urlaub verleiden.
An einem Salz-Museum stellten wir unser Auto ab. Kaum ausgestiegen merkten wir, dass der Wind die sonnigen 20 Grad ganz schon abkühlte. Also zogen wir an, was wir eigentlich für den Notfall dabei hatten und die Tour ging los.
Ein wahre Mondlandschaft: keine Bäume, keine Sträucher, nur Steine und dunkle Berge. An Filmszenen von Mordor erinnert sich mein Gehirn. Aber ich liebte es: Sonne, Sonne, Sonne…
Der Weg führte an einer kleinen Palmen-Oase vorbei. Eigentlich nicht mehr als ein ausgetrocknetes Flussbett. In Fuerteventura regnet es fast nie, dafür sind Berge mit bis zu 800 m einfach zu niedrig. Die Regenwolken ziehen hinüber zu den anderen kanarischen Inseln und regnen sich dort ab.
Nach einer Stunde Wanderung: Pause. Wir suchten uns ein windstilles Plätzchen und dösten vor uns hin. Nun standen wir vor der Entscheidung: zurückgehen oder weiter wie geplant zum nächsten Ort und von dort mit dem Bus zurück. Wir entschieden uns für Letzteres. Dummerweise war die Bushaltestelle nicht im Ort Pozo Negro, sondern 4 km entfernt – was wir drei Grazien vorher natürlich nicht wussten. Dann hätten wir uns wohl eher für das Zurückgehen entschieden. Anyway wir liefen die Landstraße entlang, nicht 4 sondern 5,5 km! Endlich kamen wir mit suchenden Blicken an die ersehnte Straßenkreuzung. Doch eine Bushaltestelle war nicht in Sicht. Wir waren irgendwo im Nirwana – warum sollte hier auch eine Haltestelle sein. Okay, Plan B: Andreas sollte trampen und das Auto holen.
Wir mussten auch nicht lange warten und ein Porsche-Cayenne-Fahrer stopfte uns alle vier auf den Rücksitz. Dann hieß es festhalten. Unser Chauffeur war im Überholmodus. Am 60er Schild bremste er mal von 180 auf 160km/h ab, vielleicht lag das an der Beinprotese. Wieder sicheren Boden unter den Füßen tuckerten wir mit unserem Mietauto nach Caleta de Fuste und entschieden uns nach dem Gewaltmarsch für das erst beste Lokal.

 

Betancuria – Vega de Rio Palmes

Am nächsten Tag kündigen wir aus Motivationsgründen gar nicht erst eine Wanderung an. Ziel war das Landesinnere. Wir sind erstaunt. Herrliche Blumenwiesen und ein zartes grün überzogen die Berge.

Unterwegs machen wir auf dem Morro de Velosa halt, ein 675m hoher Berg. Das neue Informationszentrum mit Cafe und einem sagenhaften 360° Panoramablick begeistert uns so sehr, dass wir hier über eine Stunde verbringen.

Eigentliches Ziel war die älteste Stadt der Insel: Betancuria. Vor Piraten geschützt baute man die damalige Hauptstadt im 15. Jahrhundert mitten in die Berge. Eine hübsche Kirche und ein Restaurant bestimmen den Ortskern.
Der Ort lebt aber auch von den Projekten eines deutschen Fotografen. Sein Casa Santa Maria beherbergt ein mehrfach ausgezeichnete Restaurant und ein Besucherzentrum, in dem man Kunsthandwerkern bei ihrer Arbeit zusehen kann. Das 3D-Kino und eine Multivisionsshow zeigen die wunderbare Natur der Insel. Ein virtueller Ziegenstall veranschaulicht das Leben und die traditionelle Kunst des Käsemachens auf Fuerteventura. Technisch auf dem neusten Stand ist das kleine Museum für 6 EUR pro Person wirklich sehenswert.

Wir fahren weiter nachVega de Rio Palmes dem Ausgangpunkt, für eine kleine Wandertour im Barranco de Penitas. Der Weg führ durch das fruchtbarste Palmental auf Fuerteventura zu einem Stausee. Naja, man darf nicht in unseren Dimensionen denken. Der See ist mehr oder weniger versandet und eher eine große Pfütze. Manchmal hat er auch gar kein Wasser. Wir laufen in die Schlucht hinab und sind begeistert von dem wunderschönen Blick ins Tal. Am Wegesrand stehen Kakteen mit lila Früchten, die man, wenn man alle Stacheln entfernt, auch naschen kann. Die kleine Wallfahrtskapelle Ermita de la Pena mitten in der engen Felsenschlucht ist unser Ziel. Auf weitere Lobgesänge möchte ich verzichten, denn die Bilder sprechen für sich!

 

El Jable – Corralejo – Calderon Hondo – El Cotillo

Der berüchtigte Wind von Fuerteventura ist heute besonders stark. Dennoch wollen wir uns die Sanddünen in El Jable ansehen. Ich befürchte schon im Sandsturm meine Kamera nicht auspacken zu können – aber der Wind legte sich dann etwas. Die 20 Quadratkilometer große Wanderdüne El Jable – Las Dunas de Corralejo ist ständig in Bewegung. Herrlich der Anblick – Sonne, Sand und Meer – was will man mehr. Wir lassen uns in den weichen Sand fallen. Ich schließe die Augen, eine Karawane zieht vorbei… Nein, jetzt nicht einschlafen in der prallen Sonne. Ich habe vergessen mich mit Sonnencreme einzuschmieren. Also Foto knips, knips und weiter geht’s. Der 7 km lange weiße Sandstrand – eine Verlockung, der wir nicht widerstehen können. Mit Badezeug und Sonnencreme bewaffnet gehen wir ein paar Kilometer weiter an den Strand. Andreas springt sogar ins 18°C kalte Wasser. Neeeee, für mich eindeutig zu kalt. Zumal die dummen Wolken sich immer wieder vor die Sonne geschoben haben und es durch den Wind ziemlich frisch war.

Wir fuhren weiter zum Vulkan Calderon Hondo. Natürlich konnte man nicht bis hochfahren. Also die festen Schuhe anziehen und gegen den Wind bergan zum 278 m hohen Vulkan stapfen. Oben angekommen war nicht der phänomenale Blick in den Kraterschlund oder der Panoramablick im Zentrum unseres Interesses, sondern die kleinen putzigen Vertreter von Chip und Chap, die sich mit Sonnenblumenkernen füttern ließen.
Mit unserem fahrbaren Untersatz machten wir noch ein Abstecher zu einem besonders schönen Fotomotiv an der Nordwestküste bei El Cotillo, dem Leuchtturm El Toston.

Costa Calma -Morro Jable

Auch der Süden der Insel will erkundet werden. Der „Oasis Park Fuerteventura” in La Lajita lag direkt auf dem Weg. Allerdings waren wir erst gegen Mittag da. Es gab keine Staffelung der Eintrittspreise: 28 EUR pro Person. Für 4 Personen im Low Budget Urlaub: gestrichen! Im Preis eingerechnet sind wahrscheinlich die kostenlosen Shuttles, die von überall auf der Insel hierher fahren. Also ließen wir den Tierpark mit Kamelsafari, botanischen Garten und Tiershows hinter uns. Unser Ziel war ja eigentlich der Süden und nicht der Tierpark. Für Kite-Surfer ein echtes Paradies: rund um Costa Calma gibt es breite Sandstrände und auch eine entsprechende Infrastruktur. In Morro Jable waren wir vom deutschsprachigen Angebot überrascht. Ob die letzte Currywurst vor Afrika oder die Bundesliga Life-Übertragung- alles auf die Zielgruppe ausgerichtet!
Eigentlich wollten wir noch weiter nach Cofete, um eine schöne Küstenwanderung zu machen, aber es war schon zu spät für die Tour. So bleibt Cofete und „Villa Winter“ auf der Mal-Wiederhinfahren-Reiseliste. Bei der Rückfahrt genießen wir im phantastischen Abendlicht die Blicke auf tiefblaues Meer, schwarze Berge und einsame Küsten.

Ajuy

Wir fahren nach Tiscamanita. Leider hat das Windmühlenmuseum geschlossen.

Auf Fuerteventura unterscheidet man übrigens zwischen männlichen (el molino) und weiblichen (la molina) Mühlen.
Fuerteventura_traveleben_MulinoDie Molinos gibt es seit dem 18. Jahrhundert auf der Insel. Es sind zwei- oder dreistöckige Steingebäude. In der hölzernen Kappe befand sich der Steuerbalken mit dem man die Flügel einstellen konnte. Im obersten Stockwerk ist das Mahlwerk.
Fuerteventura_traveleben_MulinasMolinas hingegen sind filigrane Mühlen jüngerer Generation (Mitte des 19. Jahrhunderts). Der Arbeitsbereich lag auf einem Stockwerk und ersparte dem Müller das Schleppen der Getreidesäcke in die erste Etage zum Mahlwerk.

Schroffe Felsen, spritzende Gischt und einen schwarzen Strand empfangen uns im Fischerdorf Ajuy. Puerto de la Peña, ein Ortsteil von Ajuy war früher der Hafen der damaligen Inselhauptstadt Betancuria. Übrigens gaben die blutigen Piratenangriffe dem schwarzen Strand einen Beinamen mit Beigeschmack: Playa de los Muertos: „Strand der Toten“.
Etwa zwei Kilometer laufen wir zur Caleta Negra, mit gewaltigen, vom Meer ausgespülten Höhlen. Ca. 600 Meter führen die dunklen Gänge ins Landesinnere. Und wir haben keine Taschenlampe mit – wie ärgerlich. Nur wenige gehen den Pfad an der Steilküste weiter. Aber es lohnt sich: ein ca. 15 Meter hohes Felsentor ragt am Punta de las Animas aus dem Meer empor. In einer windgeschützten Felsnische genießen wir die Sonne. 18 Grad ist das Wasser warm – also Ostseetemperaturen. Ein Sprung ins Wasser macht das Sommerfeeling im Februar perfekt!

Las Playitas – La Pared

Die guten Straßen, die durchs Land führen, bringen nicht nur Mietwagenkolonnen von A nach B, sondern sind sehr beliebt bei Radfahrern. Zumal die Temperaturen zum Trainieren sehr angenehm erscheinen – tja nur eben der Wind. Auf dem Weg zum Punta de la Entallada, an der Südostküste häufen sich Radfahrer und Jogger. Wie wir später feststellten gibt es in der Nähe ein Sporthotel (Hotel Playitas), wo Nationaltrikot-Träger aus verschiedenen Ländern trainierten.
Bei Las Playitas besichtigten wir den bemerkenswerter Leuchtturm Faro de la Entallada, direkt an der Steilküste in 185 m Höhe. Er wurde im Jahr 1920 erbaut und hat einen untypischen relativ niedrigen Laternenturm. Auf dem Berg war es nicht notwendig in die Höhe zu bauen, von hier aus hatte man einen optimalen Blick auf das Meer.
„La Pared: Gefühl vom Ende der Welt“, so titelt focus.de unser letztes Ziel. Und genau das Gefühl kann ich bestätigen! Ringsherum herrliche Landschaft, Steilküste und eine Treppe die zum Sandstrand führt. An der Westküste sollte man wegen der gefährlichen Unterströmung und starken Brandung nicht baden. Aber Profi-Kitesurfer trauten sich mit Saltosprüngen und filmreifen Bewegungen auf das wilde Meer. Die Sonne versinkt im Meer. Mit besonders schönen Eindrücken von La Pared an der Westküste Fuerteventuras beschließen wir unseren letzten Urlaubstag.

Mein Fazit:

Fuerteventura lohnt sich vor allem auch im Winter. Wer eine Windjacke mit im Gepäck hat und sich für Radsport und Kitesurfen interessiert, ist auf der Insel sehr gut aufgehoben. Mit dem Mietauto und zu Fuß gibt es für eine Woche ausreichend Ziele zu entdecken.

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